Das Hauptproblem liegt zwischen den Ohren.
Wie Sie den inneren Kritiker für sich gewinnen können, um mentale Selbst-Sabotage in Ihrem Führungsalltag erfolgreich zu stoppen.
Jeder von uns kennt ihn, den inneren Kritiker. Er mischt sich ungefragt in unser Denken und Handeln ein. Er gibt uns wohlwollende Ratschläge und ermahnt, was wir müssen, nicht dürfen oder nicht können. Der innere Kritiker erscheint wie ein guter Freund, der uns davor schützen möchte, Schiffbruch zu erleiden. Tatsächlich aber setzt er uns objektiv nicht vorhandene Grenzen und ist oft die Ursache für mentale Blockaden.
Er ist ein kluges Kerlchen, solange er sich mit Aufgaben beschäftigt, die ihm liegen. Er kann gut rechnen und schreiben, Navis programmieren, sich Passwörter merken, beim Einkauf Preise vergleichen. Überhaupt beherrscht er es zu analysieren, zu kalkulieren, zu kombinieren oder zu strukturieren. Er ist ein fantastischer innerer Teamplayer, solange es sich um logische Zusammenhänge und ihre Abwicklung handelt.
Der innere Kritiker denkt analytisch und vereinfacht
Unser innerer Kritiker neigt zur Vereinfachung, so müssen wir aufpassen, mit welchen Informationen wir ihn füttern. Oft schnappt er sich einzelne Argumente und reitet ewig auf ihnen herum. Häufig nölt er dann zum Beispiel beim Erreichen von Milestones im Projekt ständig an den Leistungen der Mitarbeiter herum. Ist nie zufrieden und treibt alle ständig zu immer mehr „Höchstleistungen“. So dass alle nur noch demotiviert sind und einer nach dem anderen das Team verlässt. Sie kündigen einfach. Leider kann man dem inneren Kritiker nicht kündigen, ihn nicht einfach entsorgen.
Will man als Führungskraft erfolgreich sein, muss man ihn ins Boot holen. Wie man das bei wichtigen Mitarbeitern kennt. Sich also diese Fragen stellen:
- Wie arbeite ich mit meinem inneren Kritiker am besten konstruktiv zusammen?
- Wie baue ich Vertrauen zu ihm auf, damit er sich erfolgreich von mir führen lässt?
- Wo er doch im Vorstandsteam sitzt?
Gelingt das nicht, wird es in stressigen Situationen häufig eng. Woran liegt das? Etliche Führungskräfte tragen Aussagen zu ihrer Person in sich, die sie in Kindertagen aufgenommen haben. Sie schenken ihnen auch noch nach Jahrzehnten treu und brav Beachtung: „Du bist einfach nicht gut genug.“ „Deine Arbeiten sind nicht genügend.“ „Dein Bruder ist besser.“
Es ist kaum zu glauben, dass ein erwachsener Mensch diesen Behauptungen immer noch (unbewusst) Macht über sein Leben gibt – und doch ist es so. Dies führt zu ständiger Selbstsabotage, die einen bestimmten Persönlichkeitsanteil in permanenter Angst vor Kritik gefangen hält. Abwertende Beurteilungen der Vergangenheit prägen stets die Interpretation der Gegenwart mit.
Das eigene Arbeitszimmer als Gerichtssaal
Ein solcher Zustand raubt dem inneren System einer Führungskraft viel Energie und schafft ein überkontrolliertes und perfektionistisches Lebenskonzept. In diesem System sieht das eigene Arbeitszimmer aus wie ein Gerichtssaal. Mit extrem bewertenden und kritischen Persönlichkeitsanteilen. Das gilt für das innere Arbeitszimmer genauso wie für das Büro in der Firma. Und dann wird aus einem entschlossenen, hochkompetenten Leistungsträger ein enormes Risiko. Vom starken Aktivposten zum Risikoträger. Denn: Unter diesem Druck werden Verhaltensmuster entwickelt, die zerstörerisch auf die in der VUCA-Welt so wichtige Zusammenarbeit wirken, wie zum Beispiel Dominanz oder Rivalität. Stärken kippen dann ins Extreme. Entscheidungsfreudigkeit wird zu Aktionismus, Kampfgeist zu Dominanz.
Die folgende Übung hilft Ihnen Ihren inneren Kritiker zu identifizieren und differenziert wahrzunehmen:
Fragen Sie ihn in einem ruhigen Selbst-Gespräch:
- Was ist deine Aufgabe jetzt in dieser Situation?
- Was brauchst du?
- Was brauchst du wirklich?
- Wo übertreibst du?
- Was ist deine Gabe?
Vielleicht finden Sie nicht sofort auf alle Fragen eine Antwort. Wenn Sie jedoch immer wieder mit ihm konstruktiv (!) ins Gespräch kommen, werden Sie wesentlich mehr darüber erfahren, wie Ihr innerer Kritiker tickt. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Vermeiden der Selbst-Sabotage. Notieren Sie Ihre Gedanken am besten in einem schönen Notizbuch um mit sich selbst ins Gespräch zu kommen.
Das Selbstgespräch eine äußerst effektive Methode
Das Selbstgespräch – also das Nachdenken über sich selbst – ist wohl immer noch die beste Intervention: Das Selbstgespräch ist einfach, risikolos, erfordert keine Wartezeiten und kostet fast nichts. Dennoch ist Selbstreflexion eine Aktivität, zu der Führungskräfte nach eigenen Aussagen kaum noch Zeit und Ruhe finden. Hilfreich ist es, für ein ruhiges Gespräch mit sich selbst Bedingungen herzustellen, in der Störungen minimiert und Außeneinflüsse geringgehalten werden. Ob jemand nun Spaziergänge oder stille Stunden im Sessel bevorzugt, ist dabei weniger entscheidend, als die Bereitschaft, sich wirklich den Dimensionen dieser Fragen zu stellen. Es braucht zu Beginn meist etwas Geduld und Beharrlichkeit bis das innere Getöse etwas verstummt. Wer sich also ernsthaft diesem wichtigen persönlichen inneren Teamplayer widmen will, muss die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Gerade Führungskräfte finden dieses Vorgehen häufig schwierig, weil ihnen diese Spanne der Rüstzeit mit ihrer nötigen Reizarmut als vergeudete Zeit erscheint, in der nichts bewirkt wird und man dem Erfolg scheinbar nicht näherkommt. Verfügen sie über die nötige Konsequenz werden sie reich belohnt. Sie beginnen im Denken und Fühlen ein anderes Verhältnis zu sich und anderen zu entwickeln. Das Schöpfen aus einer reichen inneren Quelle wird möglich.
Das Selbst-Gespräch mit dem inneren Kritiker ist nicht nur eine wunderbare Methode zum persönlichen Wachstum und eine machtvolle innere Hilfsquelle. Sie verkörpert auch die Charakteristiken der im Entstehen neuen Lebenskultur. Sie vermittelt uns Verständnis und Mitgefühl für unseren inneren Kritiker. Im weiteren Sinne dann auch für andere Menschen und Kulturen.
Den Inneren Kritiker nicht zum Verstummen bringen
Der innere Kritiker hat, wie schon gesagt, eine wesentliche Funktion in unserem psychischen System. Er ist ein fleißiger Wächter, der von erhöhter Position unser Denken und Handeln verfolgt. Oft kommentiert er unser Tun, da er uns schützen möchte. Er achtet darauf, dass wir kompatibel zu den uns umgebenen Rahmenbedingungen bewegen. Aber auch diese gut gemeinte Funktion kann völlig aus dem Ruder laufen, wenn wir nicht selbst als Chef das Kommando übernehmen. Schenken wir dem inneren Kritiker in unserem Inneren die Vorherrschaft, verführt sie uns zu zwanghaften Verhaltensweisen und zur Selbst-Sabotage. Es braucht die Abstimmung, die Balance zwischen den einzelnen Kräften.
Hilfreiche Fragen, die helfen, um den inneren Kritiker zur Balance zu bewegen:
- Wann bin ich mit mir selbst zufrieden und genieße meine Erfolge?
- Welches Setting braucht es, damit wir beide konstruktiv miteinander sprechen können?
- Wie hat das innere Getöse am besten eine Chance, zur Ruhe zu kommen?
Der Selbstkritik bewusst Frei-Zeiten geben und reflektieren
Idealerweise kann sich der innere Kritiker bewusst Phasen der Entspannung gönnen und ist im Gleichgewicht mit sich selbst. Und das nicht nur beim abendlichen Joggen oder beim Kaffeetrinken auf der Terrasse.
Und wenn er dann ausgeruht und entspannt mit am Tisch sitzt, gibt er auch bereitwillig Auskunft zu:
- Welche Rolle spielst du dabei, wenn du mir hilfst, mein Leben zu gestalten und mit der Welt umzugehen?
- Welche Beziehung hast du zu anderen Menschen?
- Wie beschützt du mich vor Schmerz?
- Was ist die positive Absicht, die du für mich hat?
- Wovor versuchst du mich zu beschützen?
Somit tritt an die Stelle des Versuchs, ständig Kritik zu üben, eine Haltung der Offenheit, Zusammengehörigkeit und Dialogbereitschaft. Statt Individualismus und Konkurrenzdenken kann Verbundenheit und Kooperationsgeist entstehen. Nicht nur im eigenen Inneren, sondern zwischen einzelnen Mitarbeitern und Arbeitsteams. Diese neue Kultur basiert auf Prozessen des inneren Bewusstseins und der Unternehmens-Entwicklung, in denen es nicht mehr nur um Rationalität und Kontrolle geht, sondern um Intuition, emotionale Wahrnehmung und Verantwortung für die Welt.
Erst durch unser Tun erzeugen wir Wirkung. Also gehen Sie mit sich ins Gespräch. Vereinbaren Sie einen Termin mit sich selbst. Möglichst zeitnah.